Wir bei STEPHAN lieben unser Handwerk, denn Handwerkskunst ist für uns nicht nur ein Wort. Die Renaissance der Gemme hat das klassische Handwerk der Edelsteingraveure wiederbelebt. Wir möchten Ihnen aus diesem Bereich zwei unserer Künstler vorstellen: Susanne Müller-Ostgen und Anja Schüssler.
Wie kommt man dazu, Edelsteingraveurin zu werden?
Susanne Müller-Ostgen:
Ich hatte bereits als Kind den Wunsch, später einmal in einem kreativen Beruf tätig zu sein. Dementsprechend gestalteten sich dann meine Lieblingsfächer in der Schule: Kunst, Werken, Handarbeit. In meiner Freizeit beschäftigte ich mich mit Basteln, Bauen und Zeichnen, was mir viel Freude bereitete.
Anja Schüssler:
Ich habe als Kind schon immer gerne handwerkliche Tätigkeiten ausgeführt. Insbesondere habe ich viel gemalt und gezeichnet. In Idar-Oberstein aufgewachsen, hatte ich das Glück, den Beruf des Edelsteingraveurs zu erlernen, der genau diese beiden Vorlieben vereint.
Wäre auch ein anderer Beruf vorstellbar gewesen?
Anja Schüssler:
Ich kann mich erinnern, dass ich anfänglich auch den Beruf des Keramikers interessant fand. Aber die Aussicht auf eine Lehrstelle wäre nur in Verbindung mit einem Umzug in eine andere Stadt möglich gewesen. Ich habe meine Wahl, in Idar-Oberstein zu bleiben, nie bereut.
Susanne Müller-Ostgen:
Ich hatte nie etwas anderes im Kopf als einen künstlerischen Beruf zu ergreifen. Bei einem Bürojob wäre ich sicherlich verkümmert. (lacht)
Was sind die wichtigsten Fertigkeiten, die eine Graveurin mitbringen muss?
Anja Schüssler:
Meiner Ansicht nach, zeichnerisches Talent, räumliches Vorstellungsvermögen, gute Augen, Ausdauer und Geduld, Sinn für Ästhetik und Kreativität.
Susanne Müller-Ostgen:
Eine ruhige Hand ist natürlich sehr wichtig. Außerdem würde ich ergänzen, dass man sich mit der Anatomie des menschlichen Körpers auskennen sollte.
Was waren eure Highlights während der Ausbildung und im späteren Berufsleben?
Susanne Müller-Ostgen:
Während meiner Ausbildung bestanden die Highlights darin, Gelerntes richtig umzusetzen und die daraus resultierende Zufriedenheit meines Lehrmeisters zu erfahren. Seine kontinuierlich strenge Ausbildung hat mich zu der Graveurin gemacht, die ich heute bin.
Anja Schüssler:
Ich hatte sehr intensive Lehrjahre, die in meiner Wahrnehmung nicht so sehr mit „Highlights“ durchzogen waren. Als Edelsteingraveurin muss man jahrelang Kritik einstecken, bevor man das erste Mal etwas ohne fremde Hilfe gravieren kann oder gar für eine Arbeit gelobt wird. Die für den Beruf wichtige und notwendige Selbstsicherheit kommt erst viele Jahre nach der Ausbildung und mit ihr die ersten Highlights. Höhepunkte meiner beruflichen Laufbahn waren wohl die zahlreichen Aufenthalte in New York, wo ich für einen Kunden vor Ort Entwürfe und Gravuren anfertigen durfte.
Susanne Müller-Ostgen:
Ich erinnere mich auch gerne daran zurück, als ich für STEPHAN nach Japan reisen durfte, um das Gravieren einigen interessierten Menschen zu zeigen. Aktuell gefällt es mir jedoch am besten, sehr aufwendige Einzelstücke zu kreieren.
Edelsteingraveurin ist ein traditioneller Beruf. Wie kann er in modernen Zeiten überleben?
Anja Schüssler:
Man kann natürlich nie genau sagen, ob und in welcher Form ein traditioneller Beruf in dieser
schnelllebigen Zeit überleben kann. Wenn man aber, wie STEPHAN, stets nah am
Zeitgeschehen ist und offen für neue Trends bleibt, kann der Beruf weiterhin sehr interessant sein.
Susanne Müller-Ostgen:
Man muss auf ganzer Linie vielseitig und immer offen für Neues sein.
Was ist für dich und deinen Beruf wichtiger? Die ruhige Hand oder gute Augen?
Susanne Müller-Ostgen:
Beides ist wichtig. Hände und Augen müssen gut aufeinander abgestimmt sein.
Anja Schüssler:
Die Augen werden mit den Jahren leider automatisch etwas schlechter, aber zum Glück gibt es Brillen und Lupen!
Kreativität und präzises Arbeiten sind wahrscheinlich die Basis einer jeden Graveurin. Wie fällt hier die Gewichtung aus?
Anja Schüssler:
Auch hier ist beides wichtig. Wenn man vom Kunden eine genaue Vorlage bekommt, muss man
zwar nicht besonders kreativ sein, aber wenn die Ausführung meiner Arbeit unsauber und
ungenau ist, wird der Kunde mit dem Ergebnis nicht zufrieden sein. Wenn ein Kunde
jedoch nur eine Idee ohne genaue Vorstellung hat, sollte man als Graveur unbedingt in der Lage
sein, eine Zeichnung anzufertigen, damit man sich mit dem Kunden auf etwas einigen kann.
Susanne Müller-Ostgen:
Bei traditionellen Gravuren, bei denen oft meine eigenen Entwürfe einfließen, ist die Kreativität unerlässlich. Bei modernen, sehr technischen Handarbeiten steht das präzise Arbeiten im Vordergrund. Als Vorlagen dienen hier technische Zeichnungen mit Maßangaben, die nahezu hundertprozentig eingehalten werden müssen.
Teilweise arbeitet man als Graveurin sicherlich mit teuren Steinen. Ist man sich während des Gravierens der Verantwortung bewusst oder schaltet man einfach ab?
Anja Schüssler:
Speziell als Gemmengraveurin arbeite ich zu etwa 80% in Lagenachat, dessen Wert nicht so
hoch ist. Aber ja, selbst bei nicht so teuren Steinen hat mir viele Jahre die Angst, während des Bearbeitens etwas kaputt zu machen, im Nacken gesessen. Mittlerweile kann ich das völlig ausschalten. Ein Stein ist letztendlich nur ein Stein, und damit ersetzbar. Außerdem geht beim Gravieren nicht alles gleich irreparabel kaputt, nur weil man mal einen falschen Schnitt setzt oder etwas wegbricht. Ein erfahrener Graveur kann die Gravur meistens dahingehend verändern, dass man davon später nichts mehr sieht.
Susanne Müller-Ostgen:
Ich versuche, diese Gedanken einfach auszublenden. Je mehr ich mich darauf versteife, darüber nachzudenken, dass der Stein kaputtgehen könnte, desto eher passiert in der Richtung auch etwas. Es ist wichtig, bei der Arbeit nicht gestört oder abgelenkt zu werden. Locker bleiben! Dann gelingt es am besten.
Mit welchen Materialien arbeitest du am liebsten?
Susanne Müller-Ostgen:
Ich arbeite am liebsten mit Quarzen (Citrin, Amethyst, Rauchquarz und Bergkristall) und meinen geliebten Lagensteinen, auch Onyx und Karneol. Sie lassen sich gut verarbeiten und verfügen in der fertigen Gravur über einen tollen Ausdruck.
Anja Schüssler:
Eindeutig mit Lagenachat. Er ist von der Härte und der Zweifarbigkeit für die Relieftechnik am besten geeignet. Ansonsten bevorzuge ich Steine, die wie der Achat ebenfalls die Härte 7 haben.
Alles was härter oder weicher ist, ist mit meinen Werkzeugen nicht optimal zu bearbeiten.
Hast du ein Lieblingsstück?
Anja Schüssler:
Ein Lieblingsstück ist für mich eigentlich jede Gravur, die mir gut gelingt.
Susanne Müller-Ostgen:
In meinem Fall ist das mein Meisterstück. Ich weiß bis heute nicht, wie ich eine solch großflächige Gravur in dieser Qualität in nur 40 Stunden fertigstellen konnte.
Welches Stück hat dir in der Vergangenheit am meisten abverlangt?
Anja Schüssler:
Ich kann nur generell sagen, dass mir besonders kleine Gravuren mehr abverlangen als andere. Ganz einfach, weil die Werkzeuge manchmal so klein sein müssen, wie es technisch kaum mehr möglich ist und diese daher permanent abbrechen. Das geht dann schon sehr an die Nerven und macht auch nicht wirklich viel Spaß.
Susanne Müller-Ostgen:
Das sind für mich die Arbeiten, bei denen Mess- und Passgenauigkeit verlangt wird. Also bei den sehr technischen und abstrakten Steinen, welche später in die vom Kunden kreierten Fassungen passen müssen.
Welche Edelsteinfarbe bzw. welcher Stein funkelt für dich persönlich am schönsten?
Susanne Müller-Ostgen:
Ich finde Boulderopale wunderschön. Sie schimmern in allen Regenbogenfarben. Definitiv einer meiner Lieblingssteine.
Anja Schüssler:
Für mich ist das der Aquamarin.